Bei der Kaumuskulatur stehen die Mundschließer im Vordergrund, zumal sie um ein vielfaches stärker sind als die Muskulatur, die den Mund öffnet. Auf diese Mundschließer bzw. Beißmuskeln soll hier Bezug genommen werden.
Neben dem Druck in den Kiefergelenken ist die übermäßige Aktivität der Kaumuskulatur aus Sicht der Physiotherapie das zweite wichtige Phänomen einer craniomandibulären Dysfunktion. Dazu zählt sowohl die unbewusste Anspannung der Muskeln, das Zähne zusammen pressen als auch das Knirschen, was auch als Bruxismus bezeichnet wird.
Die Kaumuskeln werden von dem gleichen Nerv aktiviert, der als sensibler Anteil Informationen aufnimmt und weiterleitet. Es ist der Trigeminusnerv. Die Aktivierung der Muskulatur läuft über diesen Nerv, der als Hirnnerv bezeichnet wird, dessen Ursprung anatomisch aber im oberen Rückenmark bis zum 3. Halswirbel reicht.
Die Muskelaktivität kann durch unterschiedliche Mechanismen ausgelöst werden. Aus zahnärztlicher Sicht können das Störkontakte an den Zähnen oder durch fehlenden Kontakt eine unausgewogene Kraftverteilung auf den Zahnbögen sein.
Aus Sicht eines Psychologen oder Neurologen kann aber auch permanenter Stress oder eine fehlerhafte Stressverarbeitung verantwortlich sein, da die Kaumuskulatur über Verschaltungen im Nervensystem mit dem Gehirnareal verbunden ist, in dem Emotionen entstehen und verarbeitet werden. Das gilt es zu beachten und sollte in einer entsprechenden CMD-Therapie berücksichtigt werden.
Ungeachtet der Zähne und Psyche wollen wir uns bei der Kaumuskelaktivität auf den körperlichen Aspekt fokussieren. Pressen, Zähne zusammen beißen und Knirschen sind nur möglich, wenn der Trigeminusnerv die Muskeln aktiviert. Umgekehrt bedeutet es aber auch, dass ein übermäßig erregter Trigeminusnerv Kaumuskelaktivität zur Folge hat. Ist der Nerv über das normale Maß hinaus erregt, kann man von einem gesteigerten Reflexniveau des Trigeminusnerv sprechen. Ein geringerer Reiz als normalerweise nötig kann dann unter Umständen zu einer verstärkten Reaktion als üblich führen.
Wie kann es zu einer Steigerung des Reflexniveaus am Trigeminusnerv kommen, was ein übermäßiges und eventuell permanentes Pressen zur Folge hat ?
Wie bereits bei den Kiefergelenken ausgeführt, kann es durch permanenten Druck im Kiefergelenk zu Irritationen und dadurch zu einer Steigerung des Reflexniveaus kommen.
Der Nerv, der die Störinformation aus der Kiefergelenkkompression aufnimmt und weiterleitet ist der gleiche Nerv, der die Kaumuskulatur aktiviert. Hier kann ein Regelkreis entstehen, der sich wechselseitig verstärkt.
Entscheidend ist dabei auch, dass die Anzahl der Spannungsfühler in den Kaumuskeln um ein vielfaches höher ist als in den Muskeln des restlichen Bewegungsapparates. Nur noch in den Nackenmuskeln im Bereich des Atlas in die Anzahl der Messfühler vergleichbar hoch. Das bedeutet, dass diese Muskelgruppen zwar feiner gesteuert werden können, aber entsprechend sensibler reagieren. So kann der Regelkreis aus permanenter Muskelaktivität aufrecht erhalten werden, den es therapeutisch zu durchbrechen gilt.